Diesen Satz und die Hitze werde ich nie vergessen: „Vor zwei Wochen hatten wir hier noch 121°.“ Das sagte der Verkäufer in der Trading Post mitten in der Mohave-Wüste. Mir reichte es so wie es war schon vollkommen. Puh! Krishna und ich sind gerade auf unserem Weg von Las Vegas zurück nach Phoenix, wo unsere Reise genau diese zwei Wochen zuvor begann.
Die dänische Reiki-Meisterin Catherina Severin hatte uns nach Scottsdale eingeladen, um von dort aus unsere Rundreise zu beginnen und um anschließend am OGM in Tubac, im Süden Arizonas, teilzunehmen. Sie hieß uns herzlich willkommen in ihrem gemütlichen und angenehm klimatisierten Bungalow. Draußen herrschte Beton-Hitze, ich hatte nach zehn Minuten das Gefühl keine Luft mehr zu kriegen. Die Luft steht dort unbeweglich und schwer. Zum Atmen muss man sich regelrecht auffordern. Trotzdem verbrachten wir drei entspannte und interessante Tage, dort in der Mitte Arizonas. Wir aßen in urigen Westernkneipen und bestaunten die unglaubliche Landschaft dieser Gegend.
Bevor wir uns auf den Weg nach Sedona machten, besichtigten wir „Taliesin West“ des berühmten Architekten Frank Lloyd Wright, ein Wohn- und Atelierhaus mit Swimming Pool und Mensa mitten in der Wüste. Als das Haus in den 30er Jahren gebaut wurde, existierte hier weder irgendeine Straße, noch wohnte irgendjemand in der Nähe. Heute werden dort Architekten ausgebildet. Allerdings nicht während der Hitze des Sommers.
Am Nachmittag in Sedona, wesentlicher höher gelegen, waren die Temperaturen angenehm. Dieser Ort ist einmalig. Einerseits ist die Lage zwischen roten Bergen faszinierend, andererseits sind mir noch nie so viele Esoterikläden und spirituelle Gestalten begegnet wie dort; Feen, Kobolde und Aliens scheinen sich hier ‚Gute Nacht‘ zu sagen.
In ziemlichem Kontrast dazu stand unser nächster Zwischenstopp in Williams an der Route 66. Nach einer Nacht in einem indisch geführten und sehr gewöhnungsbedürftigen Motel fuhren wir an einer meilenweiten Autoshow vorbei. Aus den ganzen USA kommen hier an jedem Wochenende im Sommer Autofreaks, um ihre Wagen, mit vor Stolz geschwellter Brust Staub wischend, zur Schau zu stellen. Und ebenso viele Freaks kommen, um an diesen Oldtimern in ihren eigenen Wagen sitzend, heraus staunend, vorbei zu cruisen – The American Way of Life.
Von Williams war es nur ein kurzer Weg zum Grand Canyon. Am letzten Aussichtspunkt ‚Desert View‘ verschlug es uns beiden doch die Sprache. Die Aussicht war umwerfend und gewaltig. Wie fast überall in Arizona passte hier aber das Wort ‚riesig‘ am zutreffendsten.
Über Cameron und Page am Lake Powell gelangten wir zum Antelope Canyon, der für seine traumhaften Lichteffekte berühmt ist. Dieser Canyon gehört nicht zu einem Nationalpark, sondern ist nur mit einem einheimischen Navajo-Indianer als Guide zu besichtigen. Die Farben waren unglaublich.
Nachdem wir in den letzten Tagen täglich den Ort gewechselt haben, bleiben wir im Marble Canyon zwei Nächte am selben Ort. Diese Verschnaufpause tut uns beiden gut. Mitten in der Wüste in einer alten Poststation mit einem kleinen Garten vor den Zimmer-Terrassen. Hier entschieden wir uns schließlich über zwei Nationalparks im Bundesstaat Utah nach Las Vegas zu fahren.
Der Bryce Canyon in der Mormonenhochburg Utah sah aus wie eine Miniaturlandschaft für eine Spielzeugeisenbahn. Tannenbäumchen hier, kleine Felsformationen dort. Die Formen sind einmalig in der Welt. Leider war weder die Temperatur noch genug Zeit vorhanden, um eine Wanderung ins Tal zu unternehmen.
Wenige Meilen westlich liegt der Zion National Park. Mitten auf der Straße mussten wir Eintritt bezahlen oder einen Umweg von vielen Meilen in Kauf nehmen. Doch die Fahrt mitten durch hat sich gelohnt.
Las Vegas. Tja, zwei Nächte ist ok, aber keinen Tag länger. Trotz großer Hitze laufen haufenweise Menschen draußen herum, um sich anschließend in einem der riesigen Hotels wieder abzukühlen. Tausende von Spielautomaten und zahlreiche Shows locken mit ihren Verführungen. Diese Stadt ist wie ein großer Europapark für Erwachsene.
Der direkteste Weg von Las Vegas zurück nach Phoenix geht quer durch die Mohave-Wüste. Sieben Stunden nichts als Kakteen, kahle Berge und schwarzer Asphalt. Beim Verlassen der Trading Post komme ich an einer Vitrine vorbei. Brauche ich noch einen Schlüsselanhänger mit einem Klapperschlangenschwanz oder eine Brieftasche aus Schlangenleder? Wir sind im wilden Westen.
Das OGM-Retreat findet in diesem Jahr auf der Kenyon Ranch in Tubac statt. Fast fünfzig Meister und Meister-Kandidaten aus aller Welt treffen sich, um eine knappe Woche die Arbeit von Phyllis Furumoto und Paul Mitchell zu inspirieren und zu unterstützen. Es sind wie im letzten Jahr sehr intensive und bereichernde Tage voller Energie. Reiki fließt. In diesem Jahr steht das Reiki-Home im Mittelpunkt. Wie kann die Ranch zu einem Ort werden, an dem die Tradition Usuis, Hayashis und Takatas geehrt und weitergeführt wird? Wie kann ein solcher Ort aussehen? Neben all der Arbeit behandeln wir uns täglich gegenseitig mit Reiki und genießen die Gemeinschaft beim Essen und in Gesprächen und den Ort im Pool oder auf den zahlreichen Terrassen.
Ein Baustein der kommenden Arbeiten ist das Regenesis-Projekt, das sich mit der Frage beschäftigt, wie die Natur in ihre Ursprünglichkeit trotz oder sogar mit Hilfe von Bepflanzung und Bebauung zurückgeführt werden kann? Die Reiki-Praktizierende Kate stellte ihre Arbeit in diesem Bereich vor und lud Krishna und mich im Anschluss an das OGM zu sich nach Patagonia weiter im Osten Arizonas ein.
Kates Haus ist wohl eines der wenigen Häuser in Arizona, das ohne Klimaanlage auskommt. Schatten spendende Bäume und die Bauweise des Hauses führen zu einer akzeptablen Temperatur, so dass Deckenventilatoren für genügend Erfrischung sorgen können. In jahrelanger Arbeit schuf Kate zahlreiche Biotope in ihrem Garten, die es z. B. Kolibris ermöglichen sich hier wohl zu fühlen. Die Bepflanzungen sind außerdem so angelegt, dass die Wasserversorgung der Wurzeln trotz geringer Niederschlagsmengen durch geschickte Platzierung und Auswahl der Pflanzen gewährleistet ist. In diesem Garten sieht man, welche Vielfalt in Arizona möglich ist.
Auch in diesem Jahr war die Reise zum OGM wieder eine große Bereicherung. Ich tauche immer mehr und tiefer in die Reiki-Energie ein. Gut.